Original: The Student Evaluation Standards
How to Improve Evaluations of Students
The Joint Committee on Standards for Educational Evaluation (JC),
Arlen R. Gullickson, Chair
Corwin Press, 2003
Vorbemerkung der Übersetzerin
Diese 28 Standards repräsentieren die Kurzfassung und die Gliederung des Hauptkapitels aus dem 2003 von „Joint Committee …“ herausgegebenen Buches. Es ist das dritte dieses Typs – die beiden ersten waren die „Standards für Programm-Evaluationen“ (1994/2000) und die „Standards für die Evaluation von (Lehr-)Personal“ (1988).
Das Joint Committee arbeitet seit 1975 an der Herausgabe von Standards mit Schwerpunkt bei pädagogischen Leistungen und Organisationen. Es setzt sich zusammen u. a. aus Vertretern und Vertreterinnen wissenschaftlicher Fachgesellschaften, aus Verbänden von Lehrpersonen, Schulleitenden sowie der Schulaufsichtsbehörden. Alle drei Bücher verstehen sich nicht nur als Normensammlung (die übrigens vom Amerikanischen Nationalen Normungsinstitut anerkannt ist) sondern auch als praktische Führer zur Planung und Durchführung von Evaluationen.
Evaluationen bzw. Bewertungen von Lernenden spielen in einer Zeit, in der die Bildungssysteme unter großem Veränderungsdruck stehen, eine noch wichtigere Rolle. Es geht nicht nur darum, den Lernerfolg zu messen und gültige Rückmeldungen an die Lernenden zu geben sondern darüber hinaus auch darum, wie das Lernen von Statten geht, wie Lernende optimal dabei unterstützt werden können und wie pädagogische Programme und Einrichtungen optimiert werden können.
Die Standards halten fest, dass die Interessen und die Schutzansprüche der Lernenden zu wahren sind, dass Evaluieren, Messen und Testen klar ausgewiesenen pädagogischen Zwecken folgen sollen, dass sie das pädagogische Geschehen unterstützen und nicht unnötig beeinträchtigen dürfen und schließlich dass die gewonnenen Daten anerkannten methodischen Standards genügen sollen.
Die Korrektheitsstandards fordern, dass Evaluationen von Lernenden auf legale Weise und ethisch vertretbar durchgeführt werden und dass das Wohl der Lernenden und anderer Personen gebührend berücksichtigt wird.
K1 Dienstleistung für Lernende
Evaluationen von Lernenden sollten solide pädagogische Grundsätze, die Erfüllung institutioneller Leitziele sowie die wirkungsvolle Zusammenarbeit zwischen Lehrenden und Lernenden fördern, damit den Anforderungen und Bedürfnissen der Lernenden entsprochen wird.
K2 Angemessene Richtlinien und Verfahren
Es sollten schriftliche Richtlinien und Verfahren entwickelt, angewandt und zugänglich gemacht werden, damit Evaluationen in sich schlüssig, aufrichtig und fair sind
K3 Zugang zu Evaluationsinformationen
Der Zugang zu Evaluationsinformationen sollte eröffnet werden, jedoch beschränkt auf die betroffenen Lernenden und andere mit rechtmäßiger Erlaubnis, die Informationen sehen zu dürfen, so dass Vertraulichkeit und die Intimsphäre gewahrt bleiben.
K4 Umgang mit den Lernenden
Lernende sollten bei allen Aspekten des Evaluationsprozesses mit Respekt behandelt werden, so dass deren Selbstwertgefühl sowie Möglichkeiten der persönlichen Entwicklung vergrößert werden.
K5 Rechte der Lernenden
Evaluationen von Lernenden sollten im Einklang mit dem anzuwendendem Recht sowie Grundsätzen von Fairness und Menschenrechten sein, so dass die Rechte und das Wohl der Lernenden geschützt werden.
K6 Ausgewogene Evaluation
Evaluationen von Lernenden sollten Informationen bereitstellen, die sowohl Stärken als auch Schwächen aufdecken, damit die Stärken ausgebaut und die Schwächen gemildert werden können.
K7 Interessenkonflikt
Interessenkonflikte sollten vermieden werden. Sollten sie dennoch vorkommen, ist mit diesen offen und ehrlich umzugehen, so dass sie Evaluationsprozesse und -ergebnisse nicht beeinträchtigen.
Die Nützlichkeitsstandards sollen dazu beitragen, dass Evaluationen von Lernenden nützlich sind. Nützliche Evaluationen Lernender sind informativ, rechtzeitig und folgenreich. Die folgenden Standards unterstützen die Nützlichkeit in diesem Sinne:
N1 Konstruktive Ausrichtung
Evaluationen von Lernenden sollten konstruktiv sein, so dass auf ihrer Basis pädagogische Entscheidungen getroffen werden können, die im Interesse des/der Lernenden sind.
N2 Festlegung der Nutzerinnen und Nutzer sowie der Nutzung
Die vorgesehenen Nutzerinnen und Nutzer sowie Nutzenbereiche von Lernenden-Evaluationen sollten so festgelegt werden, dass die Evaluation angemessen zum Lern- und Entwicklungsprozess der/des Lernenden beitragen kann.
N3 Umfang der Informationen
Die gewonnenen Informationen sollten sorgfältig fokussiert werden und ausreichend umfassend sein, so dass die Evaluationsfragestellungen umfassend beantwortet werden können und die Informationen sich an den Bedürfnissen der Lernenden ausrichten.
N4 Qualifikationen der Evaluatorin / des Evaluators
Lehrende und anderer Personen, die Lernende evaluieren, sollten das notwendige Fachwissen und Können mitbringen, so dass Evaluationen kompetent durchgeführt und die Evaluationsergebnisse mit Verlässlichkeit verwendet werden können.
N5 Explizite Werte
Bei der Planung und Durchführung von Evaluationen sollten Lehrende und andere Personen, die Lernende evaluieren, die Werte, die sie zur Beurteilung der Lernenden-Leistung verwenden, explizit ausweisen und begründen, so dass die Basis für die Evaluation klar und vertretbar ist.
N6 Effektive Berichterstattung
Die Berichte sollten Anforderungen wie Deutlichkeit, Rechtzeitigkeit, Genauigkeit und Relevanz erfüllen, damit sie für die Lernenden, evtl. Personensorgeberechtigte sowie weitere rechtmäßige Nutzerinnen und Nutzer nützlich sind.
N7 Weiterverfolgung
Evaluationen von Lernenden sollten Verfahren zur Weiterverfolgung enthalten, so dass die Lernenden, evtl. Personensorgeberechtigte, und andere rechtmäßige Nutzerinnen und Nutzer diese Informationen verstehen können und auch angemessene Aktivitäten zur Weiterverfolgung ergreifen können.
Die Durchführbarkeitsstandards sollen dafür sorgen, dass die Evaluation so wie geplant realisiert werden können. Durchführbare Evaluationen sind praktisch, diplomatisch und werden angemessen unterstützt.
D1 Praktische Verfahren
Die Verfahren bei Evaluationen von Lernenden sollten so geplant und durchgeführt werden, dass benötigte Informationen auf effiziente Weise und mit geringstmöglichen Störungen gewonnen werden.
D2 Politische Tragfähigkeit
Im Rahmen der Evaluationen von Lernenden sollten bei der Planung und Durchführung mögliche Fragen von Lernenden, evtl. Personensorgeberchtigten und anderen berechtigten Nutzerinnen und Nutzern antizipiert werden, damit deren Fragen befriedigend beantwortet werden können und sie sich kooperativ beteiligen.
D3 Unterstützung der Evaluation
Für Evaluationen von Lernenden sollten Zeit und Ressourcen in ausreichendem Maße zur Verfügung gestellt werden, damit die Evaluationen zielgerichtet geplant und umgesetzt, die Evaluationsergebnisse vollständig kommuniziert sowie angemessene Maßnahmen der Weiterverfolgung identifiziert werden können.
Die Genauigkeitsstandards tragen dazu bei, dass bei einer Evaluation von Lernenden fundierte Informationen über ihre Lernfortschritte und Leistungen zur Verfügung gestellt werden. Fundierte Informationen sind die Basis für gültige Interpretationen, vertretbare Schlussfolgerungen und angemessene Folgeaktivitäten.
G1 Orientierung an der Validität
Evaluationen von Lernenden sollten so entwickelt und implementiert werden, dass Interpretationen über die Leistungen der Lernenden valide sind und nicht zu Missinterpretationen führen.
G2 Klare Erwartungen an die Lernenden
Die von den Lernenden erwarteten Leistungen sollten klar und deutlich festgelegt sein, so dass die Evaluationsergebnisse haltbar und bedeutungsvoll sind.
G3 Kontextanalyse
Faktoren, bezüglich der Person der /des Lernenden und des jeweiligen Kontexts, welche eventuell Einfluss auf die Leistung haben könnten, sollten so identifiziert und berücksichtigt werden, dass die Leistung der Lernenden gültig interpretiert werden kann.
G4 Dokumentation der Verfahren
Die Verfahrensweisen der Evaluation - sowohl die geplanten als auch die tatsächlich angewandten - sollten beschrieben werden, damit diese Verfahren erklärt und rechtfertigt werden können.
G5 Verlässliche Informationen
Die Angemessenheit der gesammelten Informationen sollte sichergestellt werden, damit gute Entscheidungen verteidigt sowie rechtfertigt werden können.
G6 Reliable Informationen
Die Evaluationsverfahren sollten so ausgewählt, entwickelt und eingesetzt werden, dass diese reliable Informationen für Entscheidungen über die Leistung einer /eines Lernenden liefern.
G7 Feststellung und Umgang mit Verzerrungen
Evaluationen von Lernenden sollten frei von möglichen Verzerrungen sein, um faire Schlussfolgerungen zu ermöglichen.
G8 Umgang mit Informationen und Qualitätskontrolle
Die erhobenen, bearbeiteten und vorgelegten Informationen über Lernende sollten systematisch überprüft, gegebenenfalls korrigiert sowie gesichert werden, so dass genaue Urteile gefällt werden können.
G9 Informationsanalyse
Die für Evaluationen von Lernenden gewonnenen Informationen sollten systematisch und genau analysiert werden, damit die Evaluationszwecke wirksam erreicht werden können.
G10 Meta-Evaluation
Verfahren zur Evaluation von Lernenden sollten regelmäßig unter Anwendung der vorliegenden oder anderer angemessener Standards geprüft werden, um Fehler zu verhindern bzw. aufzudecken und korrigieren zu können sowie mit der Zeit fundierte Evaluations-Verfahren von Lernenden zu entwickeln.
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Übersetzerin: Sandra Speer; Ansprechpartner: Wolfgang Beywl
Juni 2004